Kondensatoren als Störenfriede
Kondensatoren als Störenfriede
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Aluminium-Elkos: Probleme bei Falschpolung
Das Dielektrikum in Elkos ist eine nur wenige µm dünne Oxidschicht auf der Anode. Damit sie erhalten bleibt, dürfen diese Kondensatoren nur mit der richtigen Polarität betrieben werden. Kleinere Durchschläge heilen dann durch den chemischen Prozess wieder aus. Bei falscher Polung wird die Schicht abgebaut und der Elko zerstört. Laut Angaben von Epcos ist eine Spannung bis –0,8 V ungefährlich; Werte bis –1,5 V dürfen bis zu eine Sekunde lang auftreten, aber nicht häufig wiederholt [10]. Die so genannten bipolaren Elkos waren anfänglich gegensinnige Reihenschaltungen aus zwei gepolten in einem Gehäuse; bei moderneren sind beide Elektroden mit einer Oxidschicht belegt. Bei gleichem Bauvolumen ist die Kapazität halb so groß. Um das Bauvolumen zu verkleinern, rauht man die Elektroden mittels Anätzen auf. Die aktive Fläche vergrößert sich dadurch um einen Faktor von 100 oder mehr. Vereinzelt gibt es noch "glatte" Elkos; sie sind bei gleicher Kapazität deutlich größer, dafür haben sie niedrigere Verluste.
Steve Bench, Entwickler bei Applied Digital Access, San Diego, hat festgestellt, dass die Verzerrungen dann am stärksten sind, wenn der Elko nicht mit einer Gleichspannung vorgespannt ist [1]. Wenn jetzt ein Signal durchfließt, dann wird er abwechselnd richtig und falsch gepolt. Solange die falsch gepolte Spannung nicht zu hoch wird, hält er das ohne Schädigung aus. Aber er verfälscht bei den negativen Halbwellen das Signal. Die Wirkung ist, als wäre er mit einer (schlechten) Diode überbrückt; es entstehen geradzahlige Harmonische [2]. Viele Entwickler haben festgestellt, dass die Verzerrungen niedriger sind, wenn der Elko durchgehend an richtig gepolter Gleichspannung liegt, d. h. die Signalamplituden immer kleiner bleiben als diese, so dass an keiner Stelle der Kurve eine Falschpolung vorkommt [1, 2, 3]. Paul J. Stamler von BEXT, San Diego, empfiehlt, an jedem Elko im Signalweg die Gleichspannung zu messen und solche, an denen keine anliegt, durch bipolare zu ersetzen [3]. Etwas besser wird es damit, aber für Steve Bench ist diese Lösung noch nicht gut genug, weil gewisse Verzerrungen doch noch bleiben. Denn auch ein bipolarer Elko arbeitet in diesem Fall ohne Vorspannung.
Ein typischer Einsatzfall ist die Kopplung von zwei aufeinander folgenden Verstärkerstufen. Diese Anordnung stellt einen Hochpass 1. Ordnung dar, dessen untere Grenzfrequenz sich aus der Kapazität und dem Eingangswiderstand der nachfolgenden Stufe errechnet. Die Verzerrungen sind hier um so größer, je tiefer die Signalfrequenz ist, d. h. je stärker der Elko umgeladen wird. Weit oberhalb der Grenzfrequenz, wo die Umladung vernachlässigbar wird, verschwinden sie annähernd. Wenn schon Elkos unumgänglich sind, dann empfiehlt Douglas Self, Autor des Buches "Audio Amplifier Design Handbook" [4], die Kapazität sehr viel größer zu wählen, als es die Signalbandbreite erfordert – z. B. um einen Faktor 10 – damit die Umladung kleiner wird.
In einigen Fällen geht das allerdings nicht, weil hier die Elkos bewusst als Frequenzgang-bestimmende Elemente verwendet werden – so z. B. in einem Rumpelfilter für Schallplattenwiedergabe – einem Hochpass. Hier sollten nur hochwertige Kunststoffkondensatoren verwendet werden. Diese haben auch sehr viel engere Toleranzen als Elkos, so dass der Frequenzgang nicht mehr dem Zufall überlassen bleibt [4].