Das Herz jeder E-Gitarre bzw. jedes E-Basses sind bekanntlich die Tonabnehmer oder Pickups. Sie wandeln die Schwingungen der Saiten in elektrische Wechsel- spannungen um, die der Verstärker dann klanglich zurechtformt und mit hoher Leistung zum Lautsprecher weiterleitet.
Grundsätzlich zu unterscheiden sind piezoelektrische und magnetische Typen. Die piezoelektrischen sitzen entweder im Steg oder auf dem Korpus; hier spielt das Saitenmaterial keine Rolle, sie finden daher auf Konzertgitarren ebenso Einsatz wie auf Westerngitarren. Die magnetischen, um die es hier geht, arbeiten nur in Verbindung mit Stahlsaiten, sie werden einige mm unter ihnen montiert.
Auf dem Markt sind zahllose verschiedene Typen, die Vor- und Nachteile der verschiedenen Bauarten sind unter Gitarristen Gegenstand heftiger Diskussionen. Kaum einer scheint aber die technischen Hintergründe wirklich zu kennen. Die Hersteller preisen in blumigen Worten die phänomenalen Eigenschaften ihrer Produkte an, handfeste technische Information darüber, was die denn nun eigentlich mit dem von der Gitarre gelieferten Klangmaterial machen, lässt aber praktisch keiner von ihnen heraus. Stattdessen verbreiten sie viel lieber verwirrende Informationen; manche schwindeln sogar, dass sich die Balken biegen, und hoffen, es merkt keiner. Entsprechend viele Irrmeinungen kursieren in der Musikszene. Und die wenigsten entwickeln wirklich eigene neue Ideen. Die große Mehrheit kupfert nur ab, was andere schon Jahrzehnte vor ihnen erfunden haben.
Mit dieser Enthüllung gehe ich das Risiko ein, mir den Unmut sämtlicher Pickup-Hersteller zuzuziehen. Ich werde ihre Produkte hier gründlich entmystifizieren. Gitarrenbau ist wirklich eine Kunst, da gibt es ein paar Genies, vor denen ich größten Respekt habe. Aber für Pickups gilt das nicht. Das sind keine Kunstwerke, sondern elektrotechnische Geräte - sogar relativ simple. Und für ihre Entwicklung und Herstellung braucht es keine Genialität, sondern ganz nüchterne Physik - Wechselstromlehre und Ferromagnetismus. Wer hier über die nötigen Grundkenntnisse verfügt, der versteht das Prinzip schnell und kann sich dann selbst Pickups bauen, die den im Handel erhältlichen in der Qualität um nichts nachstehen. So kompliziert, wie es scheint, ist es in Wahrheit nicht. Der unendliche Kult, der hier getrieben wird, hat keine Berechtigung, er ist größtenteils heiße Luft.
Unter Gitarristen heißt es vielfach: "Der und der Pickup klingt so und so". Diese Formulierung ist genaugenommen unkorrekt. Ein Pickup für sich allein klingt nicht - genauso wenig, wie ein Mikrofon singt. Er kann nur das Tonmaterial weiterverarbeiten, das er von Saiten und Korpus geliefert bekommt. Das tut er allerdings keineswegs naturgetreu. Vielmehr verfärbt er es - jeder Typ in seiner eigenen Weise. Das ist auch durchaus so gewünscht. Es hat schon neutral übertragende Pickups gegeben, die sind bei den Musikern überhaupt nicht angekommen. Zaubern kann ein Pickup nun allerdings auch wieder nicht. Es gilt gnadenlos der Grundsatz: "Garbage in, garbage out". Einen Edel-Sound erhält man nur, wenn hinter dem Pickup auch ein Edel-Korpus mit besten Saiten sitzt. Ein Pickup hat also keinen „Klang“, sondern nur eine „Übertragungscharakteristik“. Er legt für den letztlich entstehenden Sound nur die grobe Richtung fest, aber er erzeugt nicht die wirklichen Feinheiten. Das kann er aufgrund seiner Bauart gar nicht. Die kommen vielmehr von Korpus und Saiten.
Hier liegt ein Vergleich mit anderen mechanisch-elektrischen Wandlern nahe. Bei Mikrofonen, Schallplatten-Tonabnehmern und Lautsprechern sind die Unterschiede bekanntlich auch sehr groß. Maßgeblich für die Wiedergabe sind Frequenzgang, Einschwingverhalten und Klirrverzerrungen. Was die Dinge hier so überaus kompliziert macht, ist das Vorhandensein von mechanisch bewegten Teilen. Aus trägen Massen und elastischen Aufhängungen ergeben sich vielfältig schwingungsfähige Gebilde mit zahllosen Eigenresonanzen. Diese alle in den Griff zu bekommen, ist beim besten Willen nicht möglich. Man denke nur an die Partialschwingungen einer Lautsprechermembran.
Beim magnetischen Gitarren-Pickup gibt es dagegen keine beweglichen Teile. Es verbiegen sich nur die trägheitslosen magnetischen Feldlinien. Dadurch vereinfacht sich alles ganz wesentlich. Die Frequenzgänge haben zwar auch alle einen krummlinigen Verlauf - woraus die verschiedenen Klangfarben resultieren, aber sie weisen bei weitem nicht solche eng beieinanderliegenden Spitzen und Einbrüche auf wie etwa bei einem Lautsprecher. Der Kurvenverlauf ist im Gegenteil sehr glatt und einfach.