Du hast die Auswahl zwischen tausenden verschiedenen Modellen von hundert oder mehr Herstellern. Der Markt ist total übersättigt - günstig für den Käufer, hart für den Verkäufer. Qual der Wahl? Was nehmen? Die Fülle ist am Anfang total verwirrend.
Die folgenden 24 Tipps können dir vielleicht etwas helfen.
Tipp 1
Probiere grundsätzlich das ins Auge gefasste Instrument gründlich selbst aus, bevor du es kaufst! Suche dir nicht aus irgendeinem Katalog oder aus dem Internet eins aus, das du dir dann schicken lässt. Das kann Enttäuschungen geben. Auch wenn du es umtauschen kannst, so hast du doch allerhand Scherereien. Die kannst du dir sparen.
Tipp 2
Genauso riskant sind Bausätze. Man kann heute Korpusse, Hälse und sämtliche Kleinteile einzeln beschaffen und sich daraus seine Wunschgitarre zusammensetzen. Aber da kauft man die Katze im Sack. Wie es klingt, weißt du immer erst hinterher. Dann kannst du die Teile aber schwer umtauschen.
Tipp 3
Kaufe kein Instrument, auf das keine Saiten aufgezogen sind. Manchmal steht da vielleicht irgendwo ein gebrauchtes Stück zu einem ungewöhnlich günstigen Preis herum. Ohne Saiten kannst du aber erstens nicht hören, wie es klingt, zweitens kannst du auch nicht prüfen, ob der Hals in Ordnung ist. Der kann zwar ohne den Saitenzug wunderbar gerade aussehen, sich mit Saiten dann aber verbiegen. Und dann musst du sehen, wie du ihn gerade kriegst.
Tipp 4
Probiere viele verschiedene Instrumente aus! Auch solche, die dir auf den ersten Blick vielleicht überhaupt nicht gefallen oder die du nicht bezahlen kannst. Du verbesserst damit auf jeden Fall dein eigenes Urteilsvermögen. Vergleiche auch verschiedene Exemplare vom selben Modell; die können im Klang durchaus schwanken! Wenn du einmal zehn oder zwanzig Stück hintereinander gründlich ausprobiert hast, wirst du sehr schnell feststellen, dass es erhebliche Unterschiede gibt und dass Preis und Qualität keineswegs immer proportional sind. Eine teurere Gitarre ist nicht zwangsläufig besser als eine billigere.
Tipp 5
Vergiss den Herstellernamen auf der Kopfplatte! Sperre stattdessen deine Ohren auf und horche auf den Klang! Ein berühmter Name ist heute keine Garantie für ein gutes Verhältnis von Preis zu Gegenwert mehr. In unserer Gesellschaft hat sich - leider - ein wahnsinniger Marken-Kult verbreitet: Wenn du die und die Klamotten trägst, die und die Zigarette rauchst oder die und die Gitarre spielst, dann bist du ein So-und-so-Typ. Dann kannst du dem entsprechenden Fan-Club beitreten (gibt es für einige E-Gitarren auch schon!) und fühlst dich großartig in deinen Träumen. Dabei kannst du aber viel Geld loswerden, ohne wirklich zufrieden zu sein. Merke: Auch ein "no name"-Instrument kann sehr gut sein.
Tipp 6
Kümmere dich nicht um die Werbung. Manche Hersteller verstehen es, ihre Produkte mit einer Art "Heiligenschein" zu umgeben, während andere ungeschickt oder überhaupt nicht werben. Die Firma, die sich den besseren Werbepsychologen herangeholt hat, baut noch lange nicht die besseren Gitarren.
Tipp 7
Sieh dir die Testberichte in den Musikzeitschriften an, aber betrachte die nicht als die ultimative Wahrheit. Die Tester sind auch nur Menschen und haben einen persönlichen Geschmack, der mit deinem nicht notwendigerweise übereinstimmen muss. Außerdem haben alle Modelle unvermeidliche Exemplarstreuungen. Du wirst kaum dasselbe in die Hand bekommen wie der Tester. Hinzu kommt, dass die Tests meist nicht kritisch genug sind: Sehr viel wird in den höchsten Tönen gelobt, selten werden Mängel angekreidet. Man darf annehmen, dass die Tester für positive Berichte fürstlich honoriert werden. Die Zeitschriften finanzieren sich zum größten Teil durch die Anzeigen und nur zum kleinen Teil durch die Verkaufserlöse. Das journalistische Niveau ist höchst fragwürdig. Was man da zu lesen bekommt, ist größtenteils "Hofberichterstattung". Sie scheuen sich davor, durch ein negatives Testergebnis einen Anzeigenkunden zu verärgern.
Tipp 8
Das wichtigste bei einer E-Gitarre bzw. einem E-Bass ist, dass der Hals in Ordnung ist. Die Auswahl sollte daher in erster Linie nach dem Hals geschehen. Durch den Saitenzug krümmt er sich nämlich mit der Zeit nach vorn, auch bei guten, fabrikneuen Instrumenten. Eine ganz leichte Durchbiegung ist dabei durchaus in Ordnung. Wenn man eine Saite auf dem ersten und obersten Bund herunterdrückt, darf sie in der Mitte etwa einen halben Millimeter über den Bünden schweben. Wenn es deutlich mehr ist, dann muss der Hals nachgestellt werden. Dazu zieht man die Spannmutter auf der Stahlstange an (rechts herum drehen). Normalerweise biegt sich dann der Hals wieder gerade. Wenn die Saite in der Mitte aufliegt, dann ist der Hals allzu gerade oder sogar nach hinten verkrümmt, und die Mutter muss etwas gelöst werden (links herum drehen). Aber lass das den Verkäufer machen, bevor du das Geld auf den Tisch legst. Es kommt nämlich vor, dass das nicht funktioniert. Es haben sich schon Hälse S-förmig verkrümmt, und es sind auch schon Stahlstangen gebrochen.
Tipp 9
Achte auf richtig eingestellte Saitenlage: Sie sollte bei Gitarren am 12. Bund höchstens 2 mm, bei Bässen höchstens 3 mm betragen, damit längeres Spielen nicht unnötig anstrengt. Andererseits ist auch eine zu niedrige Saitenlage schlecht, weil die Saiten dann auf den Bünden schnarren. Für die Überprüfung und Einstellung ist ebenfalls der Verkäufer zuständig. Das gleiche gilt auch für die Bundreinheit. Dazu müssen die sechs (bzw. vier oder fünf) Reiter auf dem Steg in die richtige Position gestellt werden. Manche Hersteller halten es offenbar nicht für nötig, sich diese Mühe noch zu machen.
Tipp 10
Ferner muss dir das Halsprofil persönlich zusagen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen sind hier beträchtlich: schmal, breit, dick, dünn, kreisrund, oval oder dreieckig ("V-Shape"). Was man hier vorzieht, ist persönliche Geschmacksache und hängt vor allem davon ab, was man für Hände hat. Dickere Hälse haben den Vorteil, dass sie stabiler sind. Die Form der Bünde - breit, schmal, hoch, niedrig - ist Geschmacksache. Hohe Bünde halten länger, und man kann sie abschleifen; niedrigere sind schneller durchgespielt und müssen dann ausgetauscht werden.
Tipp 11
Kaufe auf keinen Fall ein Instrument, dessen Hals sich auffällig leicht biegen lässt. Speziell Bässe mit 24 frei stehenden Bünden sind manchmal weich wie Gummi. Welche Biegsamkeit "normal" ist, bekommst du durch Vergleich einer größeren Zahl verschiedener Hälse schnell ins Gefühl. Als hoher Maßstab kann eine klassische Konzertgitarre dienen; hier ist der Hals immer sehr hart, weil er viel kürzer und dicker ist.
Tipp 12
Bei vielen Modellen ist der Hals angeschraubt. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn die Schrauben richtig festgezogen sind. Manchmal sind sie das aber nicht, so dass der Hals wackelt. Die Folge ist ein miserabler Klang. Nachkontrollieren hat noch nie geschadet. Für das Nachziehen ist der Verkäufer zuständig.
Tipp 13
Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist die Handlichkeit. Manche Korpusse - etwa Stratocaster - passen sich sehr gut dem Körper an, andere dagegen sind kantig und unbequem. Bei einigen Modellen ist das hohe Gewicht - 5 kg oder mehr - ein Minuspunkt. Wie ein Instrument wirklich in der Hand liegt, kannst du nur feststellen, wenn du im Stehen mit Tragriemen spielst. Viele Bässe und auch einige Gitarren - z. B. die Gibson Firebird - sind stark kopflastig. Hier strengt längeres Spielen sehr an, weil die linke Hand immer den Hals hochhalten muss. Im Sitzen kann man das schlecht prüfen. Sehr schwer und unhandlich sind Doppelhals-Instrumente. Den Kauf sollte man sich gut überlegen.
Tipp 14
Ist ein Vibratohebel vorhanden, dann teste auch den gründlich. Er muss leicht zu bewegen sein, aber trotzdem einen deutlichen Effekt bringen. Nach der Betätigung darf die Gitarre nicht verstimmt sein, wie das bei billigen Konstruktionen leider oft der Fall ist.
Tipp 15
E-Gitarren oder -Bässe ohne Verstärker zu spielen, hat wenig Sinn. Aus dem unverstärkten "trockenen" Klang auf die Qualität zu schließen, verlangt ein sehr geübtes Gehör und lässt immer noch keinen Schluss auf den elektrisch verstärkten Sound zu. Natürlich hängt der weitgehend von Eigenschaften und Einstellung des Verstärkers ab. Probiere deshalb viele verschiedene Einstellungen aus; am besten teste ein Instrument mit mehreren Verstärkern und bei verschiedenen Einstellungen. Ein direkter, objektiver Klangvergleich ist selbstverständlich nur am gleichen Verstärker mit der gleichen Einstellung möglich. Die klanglichen Qualitäten stellst du am besten fest, wenn du laut aufdrehst - so laut, wie es der Verkäufer gerade noch gestattet. Mit einem Verstärker in Kofferradio-Größe klingen alle Gitarren fast gleich. Auch Kopfhörer-Verstärker geben ein falsches Bild. Spiele überwiegend im Clean-Sound, verzichte auf Effekte wie Chorus, Flanger usw., die verwischen sehr viel.
Tipp 16
Die Klangfarbe ist weitestgehend persönliche Geschmacksache. Hier musst du selbst wissen, was du haben willst. Allerdings brauchst du den Klang nicht als unveränderlich gegeben hinzunehmen. Man kann später noch mit einfachen Mitteln einiges daran verändern.
Tipp 17
Ebenfalls Ansichtssache ist die Ausstattung mit Reglern und Schaltern. Der eine Spieler will für jeden Pickup einen getrennten Lautstärkeregler, der andere ist mit einem einzigen zufrieden. Der eine wünscht sich möglichst viele verschiedene Klangvariationen, der andere braucht nur einen einzigen Sound, aber der muss stimmen. Hier gibt es kein Patentrezept. Die Auswahl ist aber heute so groß, dass eigentlich jeder etwas nach seinem Geschmack finden dürfte.
Tipp 18
Prüfe aber auf jeden Fall die elektrischen Bedienungsorgane. Die Potentiometer verschmutzen mit der Zeit - vor allem in halb- und vollakustischen Gitarren - und erzeugen dann bei ihrer Betätigung krachende Geräusche. Auch die Kontakte der Schalter pflegen zu oxidieren, so dass sie nicht mehr zuverlässig arbeiten. Oft lässt auch die Qualität der Regelwirkung sehr zu wünschen übrig. Zum Beispiel wirken bei manchen billigen Gitarren die Klangregler nur auf einem ganz kleinen Teil des Drehwinkels. Das liegt daran, dass hier lineare Potentiometer eingesetzt sind. Da gehören logarithmische rein. Die Qualität der Tonabnehmer äußert sich in der Klangfarbe und in der Lautstärke. Wesentlich ist aber auch die Mikrofoniearmut. Vergossene Ausführungen sind da am besten. Die Mikrofonie kann man leicht testen, indem man mit einem unmagnetischen Gegenstand - etwa dem Plektrum - dagegen klopft. Dabei ertönt ein klickendes Geräusch aus dem Lautsprecher, bei besonders schlechten sogar lautes Poltern. In letzterem Fall besteht dann hohe Anfälligkeit gegen Rückkopplungspfeifen.
Tipp 19
Die Rückkopplungsempfindlichkeit kann man ermitteln, indem man die Gitarre direkt vor den Lautsprecher hält und den Lautstärkeregler des Verstärkers immer weiter aufdreht. Bei guten Pickups setzt die Saitenrückkopplung zuerst ein (die sofort aufhört, wenn man die Saiten festhält), die Tonabnehmerrückkopplung (widerliches Pfeifen auch bei festgehaltenen Saiten) viel später oder überhaupt nicht.
Tipp 20
Noch ein Punkt, der besonders bei E-Bässen wichtig ist: Sehr störend sind hier tote Stellen, wo das Instrument einfach nicht klingen will. Ursache ist eine mechanische Resonanz des Halses. Dagegen hilft weder Saiten- noch Tonabnehmerwechsel, sondern nur ein Austausch des ganzen Halses - ein teures Vergnügen, sofern überhaupt möglich. Um einen Bass auf solche Resonanzen zu prüfen, schlage jeden einzelnen Ton an und lass ihn ganz ausklingen. Das Sustain sollte von den tiefen zu den hohen Tönen hin gleichmäßig abnehmen. Wenn mittendrin einzelne Töne auffällig schneller abklingen als andere, dann kaufe diesen Bass nicht.
Tipp 21
Noch was Anrüchiges: Manche fabrikneuen Gitarren oder Bässe strömen einen Geruch aus, der einem lästig werden, um nicht zu sagen, Ekel einflößen kann. Lass den Hersteller merken, dass sich sowas nicht verkauft. Es gibt genug andere Modelle. Wenn dagegen manche alten vollakustischen Gitarren im Inneren recht würzig riechen, dann ist das in Ordnung.
Tipp 22
Zum Gebrauchtkauf: Das Risiko ist hier bedeutend geringer als beim Kauf eines gebrauchten Autos. Alles, worauf es ankommt, kann man direkt sehen und hören. Das Alter in Jahren ist dabei nicht entscheidend. Was eine Gitarre mitgemacht hat, zeigen vielmehr die Kratzer auf Korpus und Schlagbrett und vor allem die Abnutzung der Bünde. Dellen in den Bünden sind ein Grund, den Preis drastisch herunterzuhandeln; sind sie völlig durchgespielt, dann schiebe den Kauf auf und lass den Verkäufer das Risiko der Erneuerung tragen. Ansonsten prüfe den Hals sorgfältig. Ist er verbogen, so soll der Verkäufer ihn gerade stellen. Ist er vertwistet, dann muss er ausgetauscht werden. Ist er dagegen bei einer alten, viel gespielten Gitarre immer noch gerade, dann kannst du ziemlich sicher sein, dass er sich überhaupt nie verzieht. Sonstige Mängel sind im allgemeinen zu beheben.
Tipp 23
Größte Vorsicht mit "Vintage"-Instrumenten! Diese Bezeichnung für die E-Gitarren der 50er und 60er Jahre ist zu einer leeren Worthülse verkommen. Nicht alles, was aus dieser Zeit stammt, ist so gut, wie einem immer wieder weisgemacht wird. Die alten Gitarren schwanken extrem in der Qualität. Ohne Zweifel gibt es darunter einige hervorragende, viele haben aber auch nur normale Durchschnittsqualität. Manche sind sogar durchaus minderwertig, werden aber trotzdem zu stark überhöhten Preisen verkauft - einfach weil ein bestimmter Name draufsteht und sie in einem bestimmten Jahr gebaut wurden. Je höher der geforderte Preis, um so sorgfältiger muss man das Stück prüfen.
Tipp 24
Das liebe Geld: E-Gitarren und -Bässe haben keine Festpreise wie Bücher. Jedes Geschäft kann seine Preise selbst festlegen und davon auch noch heruntergehen. Was letztlich bezahlt wird, ist in den seltensten Fälle der Betrag, der auf dem Preisschild steht. Geh in mehrere verschiedene Geschäfte, vergleiche und handle!
Ansonsten lass dich von deiner Intuiton leiten. Nimm eine Gitarre, die dir rundweg sympathisch ist.