Gezielte Soundformung mit Gegenschall
Weil auch bei ausgeklügelter mechanischer Auslegung von Ansaugstutzen, Motor und Auspuff die Dissonanzen nicht immer ganz zu beseitigen sind, hat Siemens VDO eine Technik entwickelt, mit der das Motorgeräusch aktiv beeinflusst werden kann – und zwar direkt an der Quelle. Bei der "Active Noise Control" (ANC) wird mit einem Mikrofon am Luftansaugsstutzen das hier entstehende Geräusch aufgenommen (Bild 2) . Das Steuergerät enthält einen Signalprozessor, der auf Basis der Messung und eines fahrsituationsabhängigen Sollwertes ein Korrektursignal errechnet, das auf einen im Ansaugtrakt sitzenden Lautsprecher geleitet wird (Bild 3). Bei den unerwünschten Frequenzanteilen ist dieses gerade gegenphasig zu den mechanisch erzeugten Schallwellen, so dass sich beide weitgehend wegkompensieren. Zur Synchronisation mit der Motordrehzahl erfasst dabei ein induktiver Sensor die Drehung der Kurbelwelle. Durch die Nähe zur Geräuschquelle kommt das System mit einer Leistung von wenigen Watt aus.
Ein solches Prinzip wird seit Jahren zur Lärmbekämpfung genutzt [2]. Weil nun im Auto totale Stille nicht das erstrebenswerte Ziel ist, führt man es hier etwas anders aus: Es werden im Klangspektrum lediglich die unerwünschten Frequenzanteile unterdrückt; erwünschte, die zunächst zu schwach vorhanden sind, werden dagegen verstärkt. Dabei ergeben sich unter Berücksichtigung von psychoakustischen Erkenntnissen reichhaltige Möglichkeiten, das Motorengeräusch fast nach Belieben zu gestalten und an den Charakter des jeweiligen Fahrzeugmodells anzupassen.
Das richtungsweisende System bietet noch weitere Vorteile: Es ist – bei vergleichbaren Kosten – kleiner als die herkömmlichen passiven Filtersysteme. Und weil die Leistung eines Motors direkt von der angesaugten Luftmenge abhängig ist, lässt sie sich über die verbesserte Luftzufuhr steigern. Voraussichtlich im Modelljahr 2004/2005 soll eine Pilotserie starten. Der Leiter des Entwicklungsteams, Ian McLean, hat dafür den Siemens-Erfinderpreis erhalten.
Helmuth Lemme
Literatur
[2] Lemme, H.: Lärm kontra Lärm. Elektronik 1992, H. 19, S. 44.