Nur für absolute Elektronik-Freaks: Induktivitätsmessung
Wie gesagt, der ohmsche Widerstand eines Pickups, den so viele Leute auf der Welt messen, ist eine ausgesprochen uninteressante Größe. Wer darüber Diskussionen führt, der hat die wirkliche Funktion eines Pickups nicht verstanden. Die elektrische Größe, die in Wirklichkeit den entscheidenden Einfluss ausübt, ist die Induktvität, gemessen in "Henry". Nur ganz wenige Hersteller geben hierzu Werte an. Wenn überhaupt, dann besteht Gefahr, dass die Werte nicht immer stimmen. Die Induktivitätsmessung bei Pickups ist nämlich eine ausgesprochen diffizile Sache. Wer sich die zu einfach macht, der misst schnell etwas Falsches.
Wie gesagt, der ohmsche Widerstand eines Pickups, den so viele Leute auf der Welt messen, ist eine ausgesprochen uninteressante Größe. Wer darüber Diskussionen führt, der hat die wirkliche Funktion eines Pickups nicht verstanden. Die elektrische Größe, die in Wirklichkeit den entscheidenden Einfluss ausübt, ist die Induktvität, gemessen in "Henry". Nur ganz wenige Hersteller geben hierzu Werte an. Wenn überhaupt, dann besteht Gefahr, dass die Werte nicht immer stimmen. Die Induktivitätsmessung bei Pickups ist nämlich eine ausgesprochen diffizile Sache. Wer sich die zu einfach macht, der misst schnell etwas Falsches.
Im Elektronikhandel gibt es sogenannte RLC-Messgeräte, mit denen man Widerstände, Induktivitäten und Kapazitäten bestimmen kann. Da kann man leicht einen Pickup anschließen und einen Induktivitätswert ablesen. Nur leider: Wenn man verschiedene derartige Geräte verwendet, kann man unter Umständen zu stark voneinander abweichenden Ergebnissen kommen. Welches misst nun "richtig"? Die Frage ist nicht auf die Schnelle zu beantworten.
Die Ursache der Probleme: Eine Pickup-Spule ist alles andere das das physikalische Ideal einer Induktivität, sondern liegt meisten meilenweit davon entfernt. Für eine erste Annäherung an das tatsächliche Verhalten kann man eine Ersatzschaltung verwenden, die aus einer Serienschaltung einer Induktivität L mit einem Widerstand R besteht, zu der ein Kondensator C parallel liegt:

Perfekt ist diese Beschreibung zwar noch nicht, für den Anfang aber schon mal recht brauchbar. Zum Verständnis muss man untersuchen, welche Impedanz (= Wechselstromwiderstand) ein solches Gebilde bei verschiedenen Frequenzen hat. Dazu braucht man folgenden Messaufbau:

Als Signalquelle dient ein sehr klirrarmer Sinusgenerator mit einem Frequenzbereich von mindestens 100 Hz bis 100 kHz, der die Spannung U1 abgibt. An den Ausgang der Schaltungschließt man ein Oszilloskop oder notfalls ein Millivoltmeter an (wobei das für den gesamtenFrequenzbereich geeignet sein muss; das sind die wenigsten). Für R1 ist ein Wert von z. B. 100 kOhm geeignet. Nun variiert man die Frequenz und misst die jeweilige Ausgangsspannung U2. Diese ist proportional zum Betrag der komplexen Impedanz Z der Spule, es gilt:
Z = R1 x U2/U1
Trägt man Z im doppelt logarithmischen Maßstab gegen die Frequenz f auf, so ergibt sich eine charakteristische Kurve, die mehr oder weniger immer folgende Form hat
Trägt man Z im doppelt logarithmischen Maßstab gegen die Frequenz f auf, so ergibt sich eine charakteristische Kurve, die mehr oder weniger immer folgende Form hat

Der genaue Verlauf ist bei jedem Tonabnehmer etwas anders. Kennt man ihn, so kann man daraus R, L und C bestimmen und seine Klangeigenschaften abschätzen. Bei sehr niedrigen Frequenzen stimmt die Impedanz Z praktisch mit dem Widerstand R überein. Nach einem Übergangsbereich mit gekrümmtem Verlauf steigt sie dann ein Stück weit proportional zur Frequenz an. Legt man hier an die Kurve eine Tangente mit der Steigung 1 (+ 45°), so kann man aus deren Lage einen brauchbaren Wert für die Induktivität ermitteln. Am einfachsten geschieht das am Schnittpunkt dieser Tangente mit einer Senkrechten bei f = 1592 Hz (2 pi f = 10 kHz); hier entspricht eine Impedanz von 10 kOhm genau einer Induktivität von 1 H, 20 kOhm = 2 H usw. Bei der Frequenz fo erreicht die Impedanz ein mehr oder weniger scharfes Maximum. Dies ist die Eigenresonanzfrequenz des aus Spuleninduktivität und Spulenkapazität gebildeten Schwingkreises. Oberhalb von fo fällt die Impedanz wieder ab, zuerst steil, dann umgekehrt proportional zur Frequenz. Indem man hier eine Tangente mit der Steigung –1 (– 45°) anlegt, kann man aus deren Lage C bestimmen. Beim Schnittpunkt mit einer Senkrechten bei 15920 Hz(2 pi f = 100 kHz) entspricht eine Impedanz von 100 kOhm einer Kapazität von 100 pF, 50 kOhm 200 pF usw.Dieses Verfahren ist sicherer als die Messung mit einem RLC-Messgerät. Bei dem hängt nämlich das Messergebnis stark von der jeweiligen Messfreqeunz ab. Wenn man sich der Eigenresonanzfrequenz des Pickups nähert, zeigt es einen zu großen Wert, oberhalb davon sogar völligen Unsinn. Die Wicklungskapazität kann man damit überhaupt nicht messen. Hier sind ein paar Impedanzkurven von verschiedenen Pickups zu sehen:

Die vier im Mittelfeld (b, c, d, e) sind durchschnittliche Standardtypen, die anderen beiden sind "Ausreißer": a ist der dicke Gibson-Bass-Tonabnehmer aus den 60er Jahren, der die riesige Induktivität von ungefähr 65 Henry hat und daher einen sehr dumpfen Klang bringt, f ist ein von mir selbst gewickelter, relativ niederohmiger Tonabnehmer (2000 Windungen 0,12 mm Kupferlackdraht, L = 160 mH), der eine Übertragungsbandbreite bis weit über die Hörgrenze erreicht.
So weit , so gut. Das Verfahren funktioniert relativ genau bei bei Pickups vom Fender-Typ, d. h. in den Spulen Magnete, um die der Kupferlackdraht gewickelt ist, ansonsten nur Pappe oder Kunststoff. Bei Bauarten mit den Magneten unten drunter und Eisenkernen in den Spulen (feste oder Schrauben) klappt das häufig weniger gut. Es gelingt hier nicht immer richtig, eine 45°-Tangente sauber an den ansteigenden Teil der Kurve zu legen. Bei manchen Typen ist die Steigung der Kurve deutlich flacher als 45°. Die Ursache dafür sind Wirbelströme in den Eisenkernen. Dies sind ringförmige Ströme in deren Inneren, die induziert werden, wenn die Saite schwingt und der magnetische Fluss entsprechend variiert. Diese Ströme (englisch: "eddy currents") wirken wie eine Kurzschlusswindung bei einem Transformator: Sie ziehen Energie ab und dämpfen dadurch die Resonanz. Je nach Bauweise können sie so stark sein, dass die Resonanz sogar völlig verschwindet. Der Sound wird dann fade, ausdrucklos, es fehlt der Biss. Typische Beispiele dafür sind viele Fernost-Pickups und auch die meisten alten deutschen (mit denen ich mich intensiv befasst habe). Auch im Gehäuseblech fließen derartige Wirbelströme. Wenn man es abnimmt, entfallen sie; die Resonanzüberhöhung steigt. Für solche bedämpften Pickup-Typen ist das anfangs verwendete Ersatzschaltbild zu simpel. Man braucht in diesem Fall ein erweitertes, das mit der Realität besser zusammenpasst. Die perfekte Form gibt es hier nicht, als in der Praxis gut brauchbar hat sich die folgende gezeigt:

Wie man sieht, ist hier die Induktivität in zwei Teile aufgeteilt. Fürs erste sollen der Einfachheit halber mal beide als gleich groß angenommen werden (was aber nicht zwingend ist). Diese Aufteilung ist rein rechnerisch und hat nichts mit den beiden Spulen eines Humbuckers zu tun, sie gilt auch für bedämpfte Single-Coils. Der zusätzliche Widerstand R2 ist "virtuell", d. h. er existiert nicht real, sondern ist nur eine reine Rechengröße. Seinen Wert kann man nicht direkt messen, sondern man kann nur rückwärts aus den Messdaten darauf schließen. Wenn man den Pickup jetzt als Signalquelle mit eingebautem Filter betrachtet, dann ergibt sich folgendes Bild:

Dies ist elektrisch betrachtet ein "Tiefpass dritter Ordnung". Der hat in seiner Übertragungsfunkton - häufig, aber nicht immer - bei Frequenzen unterhalb der Resonanzfrequenz eine Delle nach unten. Weit oberhalb der Resonanzfrequenz fällt die Übertragungsstärke mit einer Steilheit von 18 dB pro Oktave ab - umgekehrt proportional zur dritten Potenz der Frequenz. Die Übertragungskurve sieht dann typischerweise so aus:

Wenn man den Impedanzverlauf eines durch Wirbelströme bedämpften Pickups durchmisst, dann ergibt sich der besagte Verlauf mit einem Anstieg mit weniger als 45°. Hier ist ein typisches Beispiel, einmal mit und einmal ohne Blechkappe durchgemessen. Mit Kappe ist die Kurve sozusagen "verbogen".

Es handelt sich hier um einen alten Höfner-Humbucker aus den 60er Jahren, bei dem der Unterschied besonders deutlich ist. Bei vielen älteren ostasiatischen Humbuckern (minderwertige Gibson-Nachahmungen) ist es ähnlich. Wie Hörtests zeigen, ist der klangliche Eindruck von weniger bedämpften Pickups (d. h. mit dem oberen Kurvenverlauf) besser. Wieviel das Abnehmen des Gehäuses bringt, hängt vor allem von der Dicke des Bleches ab, daneben auch vom Material. Neusilber (Kupfer-Zink- Nickel) dämpft weniger als Messing (Kupfer-Zink). Auch Windungskurzschlüsse innerhalb der Wicklung dämpfen die Resonanz. Man kann sie über die Impedanzmessung leicht nachweisen, indem man die fragwürdige Spule mit einer guten vergleicht.
Wie groß ist nun also die Induktivät von Wirbelstrom-bedämpften Pickups? Bei jeder Frequenzanders! Je nachdem, auf welchem Punkt der Kurve man misst. Meiner Meinung nach ist der Wert bei der tiefstmöglichen Frequenz, bei der man messen kann, der aussagekräftigste. Wenn die Messfrequenz höher wird, sinkt der angezeigte Induktivitätsmesswert ab - bis man in die Nähe der Eigenresonanz kommt. Da steigt er dann wieder an, sogar noch über den Anfangswert. In diesem Bereich sind die Messwerte völlig wertlos.
Ich habe das RLC-Messgerät "PeakTech 2165". Damit kann man Induktivitäten bei 120 Hz und bei 1 kHz messen. Bei Pickups mit geringer Wirbelstromdämpfung, d. h. starker Resonanzüberhöhung, misst man bei beiden Frequenz etwa die gleichen Werte. Bei solchen mit starken Wirbelströmen, also geringer oder überhaupt keiner Resonanzüberhöhung, ist der bei 1 kHz gemessene Wert deutlich kleiner als der bei 120 Hz gemessene. Der bei 120 Hz ist der genauere. Die meisten bezahlbaren RLC-Messgeräte messen überhaupt nur bei einer einzigen Frequenz. Es gibt auch welche, bei denen man die Frequenz kontinuierlich variieren kann. Die sind allerdings sehr teuer. So eins habe ich bisher nicht. Wenn mir mal eins zu einem guten Preis über den Weg läuft, werde ich meine Messungen noch wesentlich verfeinern können.